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Lektion 1: Sprachfamilien und Sprachwandel

Definition:
Das moderne Deutsch, wie wir es kennen, enstammt der Familie der indoeuropäischen Sprachen.

Sprachwandel bezieht sich auf den natürlichen und allmählichen Prozess, durch den sich eine Sprache im Laufe der Zeit verändert. Dieser Wandel kann auf verschiedenen Ebenen auftreten: der Lautstruktur (Phonologie), der Wortbildung (Morphologie), der Satzstruktur (Syntax) und der Bedeutung von Wörtern (Semantik).

Schlüsselkonzepte

  • Sprachfamilien

  • Indoeuropäisch

  • Germanisch

  • Sprachwandel

Theorieinput 1: Sprachfamilien, Sprachen der indoeuropäischen Familie

Die Sprachgeschichte ist ein faszinierendes Feld der Linguistik, das sich mit der Entwicklung, dem Wandel und der Verbreitung von Sprachen auf der ganzen Welt befasst. Das Bedürfnis nach einer Einteilung von Sprachen in Sprachfamilien wuchs mit der Zeit immer mehr. Doch was sind Sprachfamilien?
Sprachfamilien sind Gruppen von Sprachen, die aufgrund gemeinsamer Merkmale und struktureller Ähnlichkeiten miteinander verwandt sind. Innerhalb einer Sprachfamilie können sich die Mitgliedssprachen stark voneinander unterscheiden, aber sie teilen bestimmte grammatische und lexikalische Elemente, die auf eine gemeinsame Herkunft hinweisen.
Eine der bekanntesten und umfassendsten Sprachfamilien ist die indoeuropäische Familie und mit dieser werden wir uns beschäftigen und dem Ursprung des Deutschen auf den Grund gehen.
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Ein Bild des indoeruopäischen Stammbaums findest du im Materialdossier 'Material 2'. Klicke hier, um es herunterzuladen.
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Die indoeuropäische Sprachfamilie ist die grösste und am ausführlichsten erforschte Sprachfamilie, mit etwa zwei Milliarden Sprecher:innen weltweit. Sie umfasst die Mehrheit der Sprachen in Europa, wobei einige Ausnahmen wie das Baskische, Finnische und Ungarische bestehen. Die Sprachen werden in verschiedene Zweige unterteilt, darunter Albanisch, Italisch (Latein und die romanischen Sprachen), Germanisch, Griechisch, Keltisch, Baltisch und Slawisch. Ausserhalb Europas gehören zu dieser Sprachfamilie auch Indisch, Iranisch, Armenisch und einige ausgestorbene Zweige wie Tocharisch und Hethitisch. Die Bezeichnung "Indoeuropäisch" (früher auch "Indogermanisch") rührt daher, dass diese Sprachen geografisch von Indien bis nach Europa reichen. Die Ursprünge der indoeuropäischen Ursprache werden auf etwa 3.000 v. Chr. datiert. Danach gab es Wanderbewegungen und eine allmähliche Aufspaltung in verschiedene Tochtersprachen. Eine aktuelle Theorie deutet darauf hin, dass die ursprüngliche Heimat der indoeuropäischen Sprachen im Gebiet südlich des Schwarzen Meeres, in Kleinasien, lag.
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Ein Stammbaum für die germanischen Sprachen findest du hier als 'Material 3'.
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Um zum modernen Deutsch zu kommen, müssen wir dem Ast der Germanischen Sprachen folgen. Das Germanische ist ein Zweig der indoeuropäischen Sprachfamilie, der sich in drei Untergruppen gliedert: Ost-, West- und Nordgermanisch. Diese Gruppierungen entsprechen älteren Dialekten oder Einzelsprachen, zu denen Gotisch, Altenglisch, Altfriesisch, Altniederfränkisch, Altniederdeutsch, Althochdeutsch und Altnordisch gehören.
Der genaue Zeitpunkt der Entstehung dieser Dialekte ist nicht präzise festgelegt. Gotisch ist jedoch ab der Mitte des 4. Jahrhunderts anhand einer Bibelübersetzung nachgewiesen und zählt somit als die älteste belegte germanische Einzelsprache. Heutzutage ist Gotisch jedoch nicht mehr als moderne Sprache vertreten. Ab dem 12. Jahrhundert ist Altnordisch in Skandinavien, insbesondere in Island, belegt und bildet die Grundlage für die heutigen skandinavischen Sprachen. Althochdeutsch ist seit dem 8. Jahrhundert in grossen Teilen des heutigen hochdeutschen Sprachgebiets nachweisbar.
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Wir gehen weiter dem Ursprung unserer heutigen Sprache nach und folgen dem Ast der westgermanischen Sprachen. Genauer gesagt dem Althochdeutschen und dem Altniederdeutschen. Diese wandelten sich später zu Mittelhochdeutsch und Mittelniederdeutsch und anschliessend zu Neuhochdeutsch und Neuniederdeutsch. Dies entspricht dem modernen Deutsch von heute.

Fun Fact: Die Bezeichnung "Hochdeutsch", wie wir sie im Alltag benutzen, ist eigentlich die falsche Bezeichnung für das, was wir meinen. "Standardsprache" oder "Standarddeutsch" ist eine passendere Bezeichnung, da Hochdeutsch ein Dialekt ist, der im Süden des deutschen Sprachraums gesprochen wird.
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Wichtige Abkürzungen der Dialekte für das ganze Modul:
lat. = Latein
engl. = Englisch
ahd. = Althochdeutsch
nhd. = Neuhochdeutsch

hist ling 8.png

Übung 1

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Sammelt auf so vielen Sprachen wie möglich die Zahlen 2, 3 und 10. Vergleicht jeweils die Wörter. Erkennt Ihr Gemeinsamkeiten.
Könnt Ihr Sprachfamilien erkennen? Nehmt den Stammbaum als Hilfe.
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Einheit 2: Sprachwandel

Sprachwandel ist ein komplexer und natürlicher Prozess, der aus verschiedenen Gründen geschieht. Hier sind einige Gründe, warum Sprache sind verändert:
Gesellschaften verändern sich im Laufe der Zeit, und diese Veränderungen beeinflussen die Art und Weise, wie Menschen sprechen. Zum Beispiel können gesellschaftliche Veränderungen in Bezug auf Geschlechterrollen, Technologie oder politische Entwicklungen dazu führen, dass neue Begriffe oder Ausdrucksweisen entstehen.
Der Kontakt mit anderen Kulturen und Sprachen kann zu Wortschatzbereicherungen oder Bedeutungsverschiebungen führen. Kulturelle Trends, Moden und Entwicklungen können die Verwendung bestimmter Ausdrücke fördern oder verändern.
Wenn Menschen, die verschiedene Sprachen sprechen, miteinander in Kontakt treten, können Elemente aus beiden Sprachen in die jeweils andere übergehen. Dies kann zu einer Vermischung von Sprachelementen führen, die als "Sprachkontakt" bezeichnet wird.
Ältere Generationen haben oft einen anderen Sprachgebrauch als jüngere Generationen. Wenn die jüngere Generation eine neue Sprachvariante entwickelt, kann dies den Sprachwandel vorantreiben.
Sprecher:innen neigen dazu, ihre Sprache effizienter zu gestalten, indem sie überflüssige oder komplizierte Ausdrücke eliminieren. Dies kann zu Vereinfachungen in der Sprache führen.

Sprachwandel ist ein kontinuierlicher Prozess, der dazu beiträgt, dass Sprachen lebendig und anpassungsfähig bleiben. Die Linguistik beschäftigt sich intensiv mit der Erforschung und Dokumentation dieser Veränderungen, um besser zu verstehen, wie Sprachen sich entwickeln und wie sie die Kultur und die Gesellschaft beeinflussen.
Dieser Wandel kann verschiedene Aspekte der Sprache betreffen, darunter die Lautstruktur (Phonologie), die Wortbildung (Morphologie), die Satzstruktur (Syntax) und die Bedeutung von Wörtern (Semantik). Sprachwandel ist ein natürlicher und unaufhaltsamer Prozess, der in jeder Sprache stattfindet.
Auf der phonologischen Ebene können Lautveränderungen auftreten, wenn Laute im Laufe der Zeit leicht verändert werden, was zu einer Anpassung der Aussprache führt. Dies kann zu neuen Aussprachevarianten führen. Nicht nur Wortbildungen gehören zur morphologischen Ebene, sondern auch grammatische Veränderungen. Die Grammatik einer Sprache kann sich ändern, wenn grammatische Konstruktionen verschwinden oder neue entstehen. Dies kann die Art und Weise beeinflussen, wie Sätze gebildet werden. Auch die Bedeutungen von Wörtern können sich im Laufe der Zeit ändern. Ein Wort, das ursprünglich eine bestimmte Bedeutung hatte, kann eine neue oder erweiterte Bedeutung annehmen.

Übung 2

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In dieser Aufgabe siehst du verschieden Wörter oder Sätze.
Was fällt dir auf? Versuche zu bestimmen, was sich gewandelt hat. Zusatz: Bestimme die dazu passende sprachliche Ebene.
Nutze dafür das Zwiebelmodell.
(Material 1)
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1. engl. apple --> Apfel
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2. fertig: ursprünglich bedeutete es 'bereit für die Fahrt'
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3. mhd. ich mag nimmer gelouben Helenam hüpscher gewesen sin. 'Ich mag nie glauben Helena hübscher gewesen sein.'
nhd.  Ich würde nicht einmal glauben, dass Helena hübscher gewesen ist.
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Hier findest du die Lösungen.

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Abschliessende Gedanken

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Inwiefern denkst du, dass sich die deutsche Sprache noch weiter ändern wird? Erkennst du gewisse Wandelprozesse bereits in deinem Alltag?
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Link zur Bibliografie​

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